In der offenen Lounge der neuen MIRACLE-II-Räumlichkeiten hält Projektleiter Philippe Cattin (rechts) auch Meetings ab.

Begegnungen schaffen Wunder

Das von der Werner Siemens-Stiftung unterstützte MIRACLE-II-Projekt der Universität Basel hat dieses Frühjahr neue Räumlichkeiten bezogen. Sie bieten mehr Platz – und fördern den Austausch unter den Forschenden.

Forschung braucht Platz und Freiraum, aber auch Nähe. Davon ist Philippe Cattin überzeugt – und davon hat sich der Forschungsleiter des Projekts MIRACLE II bei der Planung der neuen Räumlichkeiten des Department of Biomedical Engineering (DBE) der Universität Basel leiten lassen. Die Laborräume, Büros, Sitzungszimmer und Vorlesungssäle befinden sich in einem von den Stararchitekten Herzog & de Meuron entworfenen Neubau im Life Science Campus in Allschwil bei Basel. Mit einer Gesamtfläche von 5000 Quadratmetern – gegenüber 3000 Quadratmetern am vorherigen Standort, der sich nur ein paar Hundert Meter entfernt befindet – bieten sie den Forschenden deutlich mehr Raum.

Die Sache mit der Nähe erklärt Philippe Cattin in der Lounge des Departments. Es handelt sich um einen einladenden, modern gestalteten Raum mit offener Küche. Am Küchenbord unterhalten sich vier Studentinnen und Studenten. Es gibt Sofas, Tischchen in verschiedenen Grössen und sogar einen Töggelikasten. «Die Lounge ist der wichtigste Ort im Departement», sagt Cattin. Hier habe er mit den Innenarchitekten um jeden Quadratmeter Fläche gerungen. Denn solche Begegnungszonen sind Gärkammern für neue Ideen. «Innovation entsteht an Reibungsflächen, dort wo Menschen sich treffen und miteinander diskutieren», sagt Cattin.

Treffpunkt Kaffeeautomat

Am vorherigen Standort, erzählt er, hätten sich die verschiedenen Gruppen des Departements und des Projekts MIRACLE wenig durchmischt, weil sie auf zwei Stockwerken verteilt waren. «Heute sind wir alle auf einem Stockwerk», sagt Cattin. «Und wir haben extra nur einen einzigen Kaffeeautomaten für ungefähr 120 Forschende.» Was nach einer Nebensächlichkeit klingt, ist laut ihm ein entscheidender Punkt: Menschen treffen sich beim Kaffeetrinken. Aber nur, wenn sie zur selben Kaffeemaschine gehen.

Im hinteren Teil der Lounge befinden sich zwei breite Sitztreppen. Von ihnen hat man einen guten Blick auf einen Grossbildschirm, der an der vorderen Wand angebracht ist. «Wir halten hier auch Meetings ab», erzählt Cattin. Der offene Rahmen ist gewollt. Auch während Vorträgen kann sich jede und jeder in der Küche einen Kaffee oder Tee holen. «Ich beobachte dann immer, ob die Leute einfach vorbeigehen oder stehenbleiben und zuhören», sagt Cattin. Letztere freue ihn stets besonders.

Zwar hat das DBE die neuen Räumlichkeiten erst vor einigen Monaten bezogen. Trotzdem sieht Cattin bereits Anzeichen dafür, dass das Team näher zusammenrückt. So haben zum Beispiel kürzlich ein Dutzend Forschende aus seiner Gruppe ein Ferienhäuschen am Comersee gemietet, um dort gemeinsam ein verlängertes Wochenende zu verbringen. Und einige Gruppen hätten sich beklagt, dass manche Studentinnen und Studenten in der Lounge Schweizerdeutsch statt Englisch sprechen. «Das zeigt ebenfalls, dass der Austausch unseren Mitarbeitenden wichtig ist.»

Brainstormings an Schreibtafeln

Gearbeitet wird natürlich ebenfalls in den neuen Räumen. Die Arbeitsplätze sind modern, die Räume lichtdurchflutet. In fünf mit Bildschirmen und Whiteboards ausgerüsteten, schalldichten Meeting-Boxen können Sitzungen abgehalten werden, ohne die Kolleginnen und Kollegen zu stören. Für grössere Sitzungen stehen drei grosse Sitzungszimmer zur Verfügung. Die Vorlesungen und Kurse für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Masterstudiengangs in Biomedical Engineering werden in einem Vorlesungssaal und in Praktikumsräumen abgehalten.

Allgegenwärtig sind Whiteboards. Ganze Wände bestehen aus den glänzend weissen Oberflächen, auf die man mit speziellen Markern schreibt – und das Geschriebene leicht wieder abwischen kann. Ihre Botschaft: Diskussionen und Brainstormings sind überall erwünscht. Auch die Wand am Eingang zum Department ist eine solche Schreibtafel. Momentan steht darauf in mehreren Dutzend Sprachen «Willkommen». Für die Zukunft schwebe ihm etwas anderes vor, sagt Philippe Cattin. «Die Idee ist, dass wir einen Roboter bauen, der an der Wand hängt und beispielsweise persönliche Willkommensbotschaften für die Gäste schreibt.»

Wunder entstehen schrittweise

Links der Eingangstür liegt in einem Raum, hinter Glasfronten, ein Skelett unter einem Roboterarm. Es ist ein Demonstrationssaal, der Besucherinnen und Besuchern künftig aufzeigen wird, wie das MIRACLE-Projekt gewachsen ist. Auf Tablaren sollen verschiedene Generationen von MIRACLE-Prototypen ausgestellt werden. «Damit möchten wir zeigen, dass kein Wunder von heute auf morgen entsteht», sagt Cattin.

An dem Wunder (oder eben MIRACLE), einem robotergesteuerten Laserskalpell für Knochenoperationen, wird in den Räumen nebenan gearbeitet. Die Labors der vier MIRACLE-Gruppen liegen praktisch Tür an Tür: Die Planungs- und Navigationsgruppe von Philippe Cattin entwickelt Virtual-Reality-Systeme, um Operationen zu planen und zu überwachen. Im Robotik-Labor tüftelt das Team von Georg Rauter an Robotik-Techniken, welche die Operationsgeräte im Körper steuern. Im Laser- und Optik-Labor unter Ferda Canbaz entstehen Lasersysteme, um Knochen hochpräzise zu schneiden. Und im Smarte-Implantate-Labor fertigen Florian Thieringer und seine Gruppe in 3D-Druckern patientenspezifische Knochenimplantate.

Ein grosser Raum steht noch leer. Hier sind zwei moderne Operationssäle geplant. Sie gehören zwar nicht zum MIRACLE-Projekt. Trotzdem, sagt Cattin, seien sie Gold wert für das Projekt. Dank der Chirurgen, die in den Sälen arbeiten werden. «Wenn wir künftig wissen wollen, ob ein neu entwickeltes Gerät für Mediziner brauchbar ist, können wir einfach schnell fragen», sagt Cattin. Nähe, Begegnungen und tägliche Diskussionen bieten eben die besten Voraussetzungen, um die MIRACLE-Innovationen noch schneller voranzubringen.