«Eine Aufwärtsspirale in Gang setzen»

Stefanie Burri, Bauingenieurin und Mentorin

Kann diese Wand weg – oder stürzt das Gebäude dann ein? Wie erdbebensicher ist diese Brücke? Es sind solche Fragen der Statik, die Stefanie Burri am meisten faszinieren in ihrem Beruf. Die Bauingenieurin arbeitet als Projektleiterin Hochbau im Planungsbüro ewp bucher dillier AG in Luzern. Sie berät und begleitet Architektinnen und Architekten und die Bauherrschaft bei Neubauten und Sanierungen. Kürzlich hat sie zum Beispiel den Neubau einer Wohn- und Gewerbesiedlung in der Nähe von Luzern abgeschlossen. 

Schon als Kind probierte sie in der Werkstatt ihres Vaters Werkzeuge und Materialien aus und durfte löten, sägen und bohren. In der Schule zeigte sich bald ihr Talent für Mathematik und Naturwissenschaften. So war es für Stefanie Burri naheliegend, eine Lehrstelle im technischen Bereich zu suchen – als Metallbauzeichnerin. «Meine Eltern und mein Umfeld haben mich immer unterstützt bei meinen Ideen.» Trotzdem fühlte sie sich bisweilen unsicher in diesem männerdominierten Beruf. Es fehlten ihr die weiblichen Vorbilder: «Als Frau ist man exponiert und hat den Eindruck, mehr leisten zu müssen als Männer. Ich hatte damals Angst, Fehler zu machen, bei denen es heisst: typisch Frau!» 

Nach der Lehre mit Berufsmatura studierte sie an der Hochschule Luzern im Bachelor Bauingenieurin. Heute geht sie einer vielfältigen Arbeit nach, bei der sich Planung und Berechnungen im Büro mit Besprechungen und Besuchen auf der Baustelle abwechseln. Die Zusammenarbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Berufen macht ihr grossen Spass: mit dem Architekten oder der Architektin eine gestalterische Lösung finden, mit dem Bauunternehmen den Ablauf optimieren und mit Handwerkern die technischen Details besprechen. 

Mittlerweise fühlt sich Stefanie Burri als Frau in einer Männerdomäne akzeptiert: «Im Baugewerbe sind zwar mehrheitlich Männer tätig. Aber sie begegnen uns Frauen auf Augenhöhe.» Selten erlebt sie, dass ein Mann überrascht ist, auf der Baustelle eine Frau anzutreffen. «Es ist wichtig, zu wissen, wer man ist und was man kann. Mehr braucht es nicht», sagt Stefanie Burri heute. Manchmal könne es gar ein Vorteil sein, eine Frau zu sein: «In einem männerdominierten Umfeld bleibt man als Frau eher in Erinnerung – und erhält vielleicht von einem Auftraggeber Folgeaufträge.» Trotzdem ist sie überzeugt, dass es für junge Frauen schwierig sein kann, einen gesellschaftlich unkonventionellen Weg einzuschlagen, wenn man nicht darin bestärkt wird. Die geringe Vertretung von Frauen in der Welt der Technik könne abschreckend wirken. Es braucht dann viel Selbstbewusstsein, und dieses Selbstbewusstsein möchte Stefanie Burri als Mentorin von «Swiss TecLadies» weitergeben. Sie hofft, dass das Mentoring-Programm eine «Aufwärtsspirale» in Gang setzt und bewirkt, dass Mädchen in Zukunft vermehrt technische Berufe wählen, weil sie weibliche Vorbilder kennengelernt haben. «Vorbilder können helfen, die Angst zu nehmen. Ich möchte zeigen, wie unkompliziert man sich als Frau in der Welt der Technik bewegen kann.» 

Text: Adrian Ritter
Fotos: Felix Wey