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Das Team von Maria Ibáñez im Rohbau des neuen Labors am IST Austria.
Hier werden sie 2021 durchstarten: Das Team von Maria Ibáñez im Rohbau des neuen Labors am IST Austria.

Mein Erfolg ist dein Erfolg

Maria Ibáñez hat nicht einfach Glück gehabt, als sie im Jahr 2018 aus 1481 Mitbewerbenden ausgewählt und als Assistenzprofessorin am IST Austria angestellt wurde. Vielmehr verkörpert sie das, wofür die junge und erfolgreiche Forschungsinstitution steht: Sie betreibt multidisziplinäre Spitzenforschung – und sie tut es wertschätzend, kooperativ, integer und verantwortungsvoll. 

Maria Ibáñez hat keine Scheu, ihr «Gärtchen» zu verlassen. Schon während ihres Studiums der Physik an der Universität Barcelona machte sie einen Abstecher ans Institute for Nanoscience and Cryogenics in Frankreich. Während ihrer Doktorarbeit ging sie als Visiting-PhD-Studentin jedes Jahr an eine andere Hochschule in den USA. So lernte sie die University of Chicago in Illinois kennen, das Caltech in Pasadena, Kalifornien, die Cornell University in Ithaca, New York, und die Northwestern University in Evanston, Illinois. Anfänglich drehte sich ihre Doktorarbeit um Solarzellen; doch weil sie es dabei mit einer Materialgruppe zu tun hatte, die auch für die Thermoelektrik interessant ist, veränderte sich ihr Fokus nach und nach in diese Richtung. 2013 schloss sie ihre Doktorarbeit über die Synthese neuer Nanomaterialien aus Nanokristallen ab. Dafür erhielt sie die höchste Auszeichnung der Universität Barcelona, den Extraordinary Award. Anschliessend forschte sie zuerst am IREC (Catalonia Institute for Energy Research) in Barcelona und ab 2014 an der ETH Zürich in der Schweiz im Bereich Oberflächenchemie von Nanokristallen. Die Oberfläche von Nanopartikeln erwies sich bei der Suche nach effizienten thermoelektrischen Materialien als sehr wichtig. Ende 2016 bewarb sie sich am IST Austria mit einem Forschungsprojekt zu den grundlegenden Transporteigenschaften von Elektronen und Phononen in Nanomaterialien – diese Expertise ist sehr wichtig für das Design neuartiger thermoelektrischer Materialien. Ihr Proposal stach aus 1481 Mitbewerbungen heraus. Sie durchlief einen mehrstufigen Bewerbungsprozess inklusive zweitägigem Assessment – und wurde Ende 2018 als Assistenzprofessorin mit «Tenure Track» angestellt. Im gleichen Jahr zog sie mit ihrer Familie von Zürich nach Klosterneuburg, das dreissig Fahrradminuten vom IST Austria entfernt liegt. «Ich bin in einem kleinen Dorf in Katalonien aufgewachsen, ich hätte nie in Wien wohnen wollen», erzählt die Physikerin. 

Freundschaft statt Konkurrenz

Als Assistenzprofessorin gehört Maria Ibáñez zu den mittlerweile 57 Gruppenleitern des IST Austria. Bewährt sie sich in den kommenden Jahren, erhält sie eine unbefristete Professur. Doch anders als bei «normalen» Universitäten muss sie am IST Austria nicht gegen ihre Physikkolleginnen und -kollegen um eine einzige oder ein paar wenige offene Stellen kämpfen. Das IST Austria setzt auf Kooperation statt auf Konkurrenz. Die Kommission hat sie als Assistenzprofessorin ausgewählt, weil man an sie glaubt und davon ausgeht, dass sie Erfolg haben wird. Um ihr den Kopf freizuhalten, unterstützt das IST Austria sie mit einem Expertenteam in Verwaltungsaufgaben wie Finanzen, Beschaffungsprozesse, Recruiting und Reporting. Alles ist darauf ausgelegt, dass die Assistenzprofessorin erfolgreich forschen und zur Professorin befördert werden kann. Diese Grundhaltung am IST Austria bewirkt, dass die verschiedenen Forschungsgruppen ohne Vorbehalte zusammenarbeiten können. «Es ist wirklich so, dass die Kollegen am IST Freunde sind und wir uns gegenseitig unterstützen, indem wir wissenschaftliche Publikationen oder Drittmittelanträge gegenlesen und konstruktives Feedback geben», erzählt Ibáñez. Und die stellvertretende Geschäftsführerin des IST Austria Barbara Abraham ergänzt: «Unsere Assistenzprofessorinnen und -professoren messen sich in ihrer Disziplin nicht innerhalb des IST Austria, sondern mit der weltweiten Science Community.» Wenn sie ihre Forschungsergebnisse in renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften wie «Nature» publizieren und sich einen Namen auf ihrem Gebiet machen, bedeutet dieser Erfolg auch einen Zuwachs an Renommee für das IST Austria.

Person vor Fach 

Das IST Austria möchte weiter wachsen. In welchem MINT-Bereich das Wachstum erfolgt – ob in Physik, Mathematik, Informatik oder Biowissenschaften –, ist für das junge Forschungsinstitut zweitrangig. Da es nicht auf historisch gewachsene Strukturen Rücksicht nehmen muss, leistet es sich eine eigene Wachstumsstrategie: Person vor Fach. Das IST Austria setzt auf vielversprechende Forscherpersönlichkeiten, die die Werte des IST Austria leben, die interdisziplinär und kooperativ in flachen Hierarchien denken und forschen. So wollte das IST Austria in erster Linie die Spitzenforscherin Maria Ibáñez ins Boot holen – und erhielt als schönen Nebeneffekt die Möglichkeit, den Forschungszweig Thermoelektrik neu zu etablieren. 

Weltweiter Erfolg

Das IST Austria hat Erfolg. Beim Europäischen Forschungsrat (ERC: European Research Council) nimmt das Forschungsinstitut mit einer Erfolgsquote von fast fünfzig Prozent eine Spitzenposition im internationalen Ranking ein. Knapp 80 Millionen Euro Fördergelder erhielt das IST Austria bisher vom ERC. Weshalb diese hohe Erfolgsrate des vergleichsweise kleinen IST Austria? Dazu Barbara Abraham: «Der ERC und das IST Austria sind etwa gleich jung und haben ähnliche Vorstellungen, wie man erfolgreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rekrutiert.» In den elf Jahren seines Bestehens hat das IST Austria insgesamt Drittmittel in der Höhe von knapp 160 Millionen Euro eingeworben. Aber nicht nur die finanziellen Zuwendungen steigen, auch die Forschungsstärke ist top: Im normalisierten Ranking der renommierten Fachzeitschrift «Nature» belegte das IST Austria im Jahr 2019 den hervorragenden dritten Platz. Das bedeutet, dass das IST Austria im Verhältnis zu seiner Grösse weltweit am dritthäufigsten Forschungsartikel in den wichtigsten Fachzeitschriften publizieren konnte. Es lag damit vor der altehrwürdigen ETH Zürich oder dem berühmten MIT (Massachusetts Institute of Technology).

«Ich bin zwar kein Fan von Rankings», sagt Maria Ibáñez, «aber für das IST Austria ist dieser dritte Platz sehr wichtig. Lange Zeit war das IST Austria international kaum bekannt – das Ranking hat ihm zu Sichtbarkeit verholfen.» 

Text: Brigitt Blöchlinger
Fotos: Felix Wey