Besucherinnen der Weltausstellung im japanischen Osaka staunen über die MIRACLE-Technik.

Auftritt an der

Weltausstellung

Grosse Ehre für das von der Werner Siemens-Stiftung unterstützte MIRACLE-II-Projekt: Zwei Monate lang darf es sich im Schweizer Pavillon der Weltausstellung in Osaka präsentieren – als eines von bloss einer Handvoll Forschungsprojekten in der Ausstellung «Life».

Die Expo 2025 ist eine Ausstellung der Superlative: 158 Länder und acht internationale Organisationen nehmen an der Weltausstellung teil, die vom 13. April bis zum 13. Oktober 2025 auf der künstlichen Insel Yumeshima in der Bucht der japanischen Stadt Osaka stattfindet. Die Organisatoren erwarten 28 Millionen Besucherinnen und Besucher. Rund 1,5 Millionen werden voraussichtlich den Schweizer Pavillon besuchen, der unter dem Motto «Von Heidi zu High-Tech» steht.

Das Thema widerspiegelt die Entwicklung der Schweiz von ihrem Alpenerbe zu einem weltweit anerkannten Zentrum für Spitzentechnologie. Präsentieren darf sich vom 11. Juni bis zum 12. August auch das von der Werner Siemens-Stiftung geförderte Projekt MIRACLE II der Universität Basel, das ein robotergesteuertes Laserskalpell für minimalinvasive Knochenoperationen entwickelt. «Es ist eine riesige Ehre, dass wir für diesen Grossanlass ausgewählt wurden», sagt MIRACLE-II-Forschungsleiter Philippe Cattin, Professor für Medizinische Bildanalyse und Leiter des Department of Biomedical Engineering (DBE) an der Universität Basel.

Das Basler Projekt ist eines von nur einer Handvoll Schweizer Forschungsprojekten, die an der zwei Monate dauernden Ausstellung «Life» teilnehmen dürfen. «Ich wurde vom Leiter des Forschungsnetzwerks Swissnex in Osaka auf die Möglichkeit hingewiesen, sich für die Expo 2025 zu bewerben», erzählt Philippe Cattin. In einem zweistufigen Bewerbungsverfahren setzte sich das MIRACLE-II-Projekt gegen eine grosse Anzahl von Mitbewerbern durch.

Blick in einen Schädel

Die Vorgabe für die Ausstellung war ebenso einfach wie herausfordernd: Der Projekt-Stand muss Platz finden auf einem dreiteiligen USM-Haller-Regal, also auf etwas mehr als zwei Meter Breite. «Und selbstverständlich ging es darum, unser Thema einfach und attraktiv darzustellen», sagt Cattin – schliesslich werden die Besucherinnen und Besucher allerhöchstens einige Minuten an jedem Stand verweilen.

Trotzdem schaffte es das MIRACLE-II-Team, quasi die gesamte Palette seiner Entwicklungen in den Ausstellungsstand zu packen. Auf der linken Standseite befinden sich die beiden Projektteile Virtual Reality und 3D-Druck von Implantaten. Die Besucherinnen und Besucher können einerseits ein Vorher-Nachher-Schädelmodell mit dem ersten Implantat bestaunen, das die Forschungsgruppe von Florian Thieringer im Herbst 2023 im hauseigenen 3D-Druck-Labor des Universitätsspitals Basel herstellte und einem Patienten einsetzte.

Andererseits lädt der Stand dazu ein, in diesen Schädel einzutauchen – mithilfe des innovativen Virtual-Reality-Systems, das die Forschungsgruppe von Philippe Cattin entwickelt hat. Dazu liegt eine VR-Brille für die Besucherinnen und Besucher bereit. Wer sie anzieht, sieht ein dreidimensionales Modell des Schädels mit Implantat vor sich. Dieses lässt sich von allen Seiten anschauen und untersuchen – und wer sich nach vorne beugt, kann sogar in die Schädelhöhle hineinschauen.

Einmal Chirurg spielen

Die rechte Seite des Standes ist den beiden anderen MIRACLE-II-Projektteilen vorbehalten: der endoskopischen Robotik und den Lasersystemen. Michael Sommerhalder, Postdoktorand in der Forschungsgruppe von Georg Rauter, hat dafür einen Prototyp des knochen- oder gewebeschneidenden Laserroboters zusammengebaut. Das Set-Up zeigt beispielhaft die revolutionäre Idee des MIRACLE-Projekts: Über ein äusseres Antriebssystem wird ein winziges Endoskop gesteuert, das in die Kniegelenksspalte eingeführt wurde und mit dem Laser bestückt ist.

Auch hier können die Besucherinnen und Besucher selbst Hand anlegen: Mit einem Playstation-Controller lässt sich die Endoskop-Spitze vorwärts, rückwärts und zur Seite bewegen. «Diese Bewegungen sind langsam, aber sehr präzise», erklärt Michael Sommerhalder. Weil der kleine Roboter von blossem Auge kaum zu erkennen ist, hat er einen Bildschirm installiert, auf dem der «Gastchirurg» den Ablauf seines «Eingriffs» vergrössert und live anschauen kann.

Per Controller lassen sich auch zwei Laser-Methoden in Gang setzen, welche die Forschungsgruppe von Ferda Canbaz im MIRACLE-II-Projekt entwickelt hat: das Laser-Schneiden, signalisiert durch ein rotes Licht. Und, angezeigt durch ein grünes Licht, die optische Kohärenztomographie (OCT), mit der sich die Schnitttiefe bestimmen lässt. «Aus Sicherheitsgründen können wir natürlich das Laserlicht nur imitieren», sagt Michael Sommerhalder.

Der mittlere Teil des Standes ist für alle jene gedacht, die nach den beiden interaktiven Projektdemonstrationen auf den Geschmack gekommen sind: Auf einem Bildschirm lernen die Besucherinnen und Besucher in kurzen Videos das MIRACLE-II-Projekt genauer kennen. Sie erfahren, wie die vier Innovationen dereinst zusammenspielen sollen, um schonende, minimalinvasive und hochpräzise Knochenoperationen zu ermöglichen.

Lohnender Aufwand

Das MIRACLE-II-Team hat einen beträchtlichen Aufwand auf sich genommen für die einmalige Gelegenheit, an einer Weltausstellung dabei zu sein. Die Konzeption der Ausstellung und die logistischen und administrativen Arbeiten benötigten viele Ressourcen. Michael Sommerhalder etwa arbeitete fast ein Jahr lang an dem Laserroboter-Modul. Herausforderungen habe es dabei einige gegeben, erzählt er. Weil die Expo-Stände unbemannt sind, müssen sich beispielsweise sämtliche Installationen jeden Morgen beim Hochfahren der Systeme von selbst wieder einstellen und kalibrieren.

Um die Aktivitäten rund um die Expo 2025 zu finanzieren, hat das MIRACLE-II-Team aus verschiedenen Quellen Fördermittel in der Höhe von rund 65‘000 Franken eingeworben. Der Einsatz lohne sich, ist Philippe Cattin überzeugt. «Zum einen können wir unsere Entwicklungen einer unglaublichen Anzahl Besucherinnen und Besuchern präsentieren. Zum anderen nutzen wir den Anlass, um unsere Kontakte mit japanischen Forschungsinstitutionen und Industriepartnern auszubauen.­»

Nicht zuletzt will das Team den Rückenwind der Weltausstellung nutzen, um seine Arbeit auch daheim in der Schweiz bekannter zu machen: Vom 9. bis zum 11. Juli kann die Bevölkerung die MIRACLE-Technik mitten in Basel, auf dem Theaterplatz, auf spielerische Art kennenlernen. Denn, sagt Philippe Cattin: «In den heutigen Zeiten ist es wichtiger denn je, dass wir Forscherinnen und Forscher der Öffentlichkeit zeigen, was wir tun.»